Advent – eine Zeit voller Musik, voller Gesang

14. Dezember 2024

Wort zum Sonntag

Pastorin Edith Steinmeyer; Foto: Jantje Ehlers

am 14. Dezember 2024

Was bringt die Menschen gerade im Advent dazu, wieder mehr zu singen? Eingerostete Kehlen wagen sich nach langer Zeit wieder an ein Lied, Chöre begeistern und bewegen viele Menschen mit ihrem Gesang. Wieso gerade im Advent?

Advent ist eine Zeit der Erwartung. Wir erwarten Gottes Kommen in unsere Welt. Wir hoffen noch mehr als sonst, dass Gott uns Frieden schenkt und Menschen in Liebe miteinander leben. Wir erwarten so Großes von Gott, dass wir es mit Worten nur schwer ausdrücken können. Musik dagegen kann unsere Erwartungen, Hoffnungen und Sehnsüchte auf ganz andere, tiefere Weise ausdrücken. Musik kann Freude ausdrücken und Jubel: „Jauchzet, frohlocket – auf, preiset die Tage!“ - Bachs Weihnachtsoratorium …. Welch eine Freude kommt da zum Ausdruck!

Genauso kann Musik auch Klage, Schmerz und Sehnsucht ausdrücken: „O Heiland, reiß die Himmel auf“ (EG Nr.7). Wir leben nun mal nicht nur in schönen, freudigen, adventlich gemütlichen Zeiten. Wir erleben eben auch Schwieriges, Not und Leid. Zur Zeit fällt es mir besonders schwer, die aktuellen Nachrichten noch anzuschauen: Wie werden sich die Kriege und Unruhen in Syrien, in Israel / Palästina, in der Ukraine entwickeln? Wie wird es in unserem Land weiter gehen? So viele Menschen sind verunsichert: der Wohlstand ist gefährdet, die „Boomer“ brauchen altersbedingt mehr medizinische Versorgung und Pflege. Die Krankenhäuser und Pflegeklassen schlagen Alarm. Was ist noch bezahlbar? Naturkatastrophen, Klimawandel – immer neue erschütternde Nachrichten erreichen uns. Ist die Erde noch zu retten? Wenn ich die Nachrichten lese oder schaue – dann kann ich nicht „Jauchzet, frohlocket“ singen – dann kommt mir eher: „O Heiland, reiß die Himmel auf“ in den Sinn. Kann Gott den Himmel nicht wenigstens etwas weiter öffnen – damit wir Frieden, Gerechtigkeit, Liebe und sinnvolles Leben miteinander finden?

Manchmal möchte ich Gott genauso bedrängen wie der Verfasser dieses alten Adventsliedes. Der Priester Friedrich von Spee schrieb es in der Zeit des 30 jährigen Krieges. Er kritisierte die Hexenverbrennungen und starb mit 44 Jahren, als er sich bei der Pflege von Kranken und Verletzten mit der Pest infiziert hatte. Seine Lebenswelt wird viel furchtbarer, bedrohlicher und hoffnungsloser gewesen sein als unsere aktuelle Lebenssituation. Trotzdem hält er an Gott fest. Trotzdem – oder gerade deshalb - schöpft er im Beten und Singen neue Kraft. Also: betet und singt von eurer Sehnsucht und  Trauer, damit sie sich wandeln in Freude: „Jauchzet, frohlocket – auf preiset die Tage!“

Eine gesegnete Adventszeit wünscht Ihnen und Euch
Pastorin Edith Steinmeyer, Wagenfeld