am 1. April 2023
In unserem christlichen Glauben ist es wie in einer menschlichen Beziehung: Die große Liebe erweist sich in der Routine des Alltags, nicht in der Leidenschaft. Darum ist es richtig, immer und immer wieder unserem Glaubensleben einen konkreten alltagstauglichen Ausdruck zu geben. Zugleich lebt die Liebe auch von Höhepunkten, von Hoch-Zeiten. Darum feiern wir Christinnen und Christen einmal im Jahr Ostern. 50 Tage lang. Und drei Tage intensiv an einem Stück.
In dem, was uns die Bibel von den letzten Tagen im Leben Jesu von Nazaret schildert, verdichtet sich, was sein ganzes Leben ausgemacht hat. Darin kommen all die Dinge vor, die auch uns in den dichtesten Augenblicken unseres Lebens bewegen: Worauf kann ich mein Leben gründen? Auf wen oder was kann ich mich wirklich verlassen? Wie gehe ich mit Enttäuschungen um? Wer oder was gibt mir Halt in schweren Zeiten?
Der biblische Text aus dem Philipperbrief gibt mir eine hilfreiche Orientierung, was Christsein bedeuten kann: Als ersten Schritt stelle ich mich der Wirklichkeit; und die ist nun mal, wie sie ist. Ich muss mein Leben weder positiv noch negativ dramatisieren, sondern darf in nüchterner Ehrlichkeit auf all das schauen, was sich mir zeigt. Dieses Ideal – sich seiner Wirklichkeit stellen – kann alle möglichen Konkretionen einnehmen: Frustrationen aushalten; eigene Fehler einräumen; vergangenen Optionen nicht gelähmt hinterherschauen; zu getroffenen Entscheidungen stehen, auch wenn es hart wird.
Als zweiten Schritt kann ich mit Hingabe leben und handeln. Daraus erwächst hier und da die beglückende Erfahrung, dass das Investment für andere dazu führen kann, zusätzlich zu diesem anderen auch sich selber neu zu finden. Indem ich mich gebe, werde ich mir neu gefunden.
Der dritte Schritt, von dem der Bibeltext berichtet, ist am wenigsten von allen dreien machbar – wohl aber erfahrbar: Es ist eine Kraft erfahrbar, die das, was du investierst, aufhebt, weiterträgt und vermehrt. Es gibt da etwas, das nur die Person erfährt, die sich davon abhängig macht, ob es stimmt, dass es das gibt. Jesus ist der große Verwandler: Aus wenig macht er viel. Und das kann er, wenn er der Bereitschaft zum „Glauben“ begegnet – einem Synonym für Risikobereitschaft.
Also mache ich mich auch in diesem Jahr auf den Weg nach Ostern, lebe und erlebe eine Hoch-Zeit, die immer gilt und zugleich die ganz besondere Zeit braucht.
Ansgar Stolte, Pfarreingemeinschaft Barnstorf, Diepholz, Sulingen