am 19. Februar 2022
Ich muss gestehen, am Anfang habe ich wirklich gedacht: „Was soll das denn jetzt werden?“ Am ersten Morgen einer mehrtägigen Fortbildung vor einiger Zeit sind wir mit einer „Runde Respekt“ in den Tag gestartet. Davon was „Respekt“ heißen kann, hat wohl jede und jeder irgendeine Vorstellung, aber von der Wortherkunft kann es auch recht schlicht „sich umsehen“ oder „ansehen“ heißen. Wir starteten also mit einer „Runde Respekt“ in den Tag, indem wir einander im wahrsten Sinne des Wortes „Ansehen“ verschafften. Das klingt vielleicht erst mal simpel. Aber die Idee war, dass jeder Person unabhängig von persönlichem Eindruck oder Sympathie doch „Ansehen“ zusteht. Und da saß ich nun in einem Raum mit 25 Personen, die mir keinesfalls alle sympathisch waren, mit manchen habe ich mich schwergetan. Und nun hieß es „eine Runde Respekt“. Einige Momente der Stille, in der jede und jeder von uns seinen Blick in Ruhe von Person zu Person wandern ließ und jeder Person im Raum so im wahrsten Sinne einen Moment „Ansehen“ schenkte. Und obwohl ich am Anfang skeptisch war und es erst mal nach nicht viel klingt, hat mich diese „Runde Respekt“ sehr beeindruckt. Weil in diesem einen Moment des „Ansehens“, der meistens gar nicht lang war, doch so viel lag: Ich muss nicht alles toll finden, was du sagst, ich darf genervt sein von dir, ich muss dich nicht immer verstehen, das ist in Ordnung. Aber ich will dich trotzdem achten als Menschen, als Person. Ich will dir meinen Respekt, mein Ansehen geben. So unspektakulär das vielleicht auch auf den ersten Blick klingt, so wird es für mich doch sehr bedeutend, wenn ich mir unser Miteinander an ganz unterschiedlichen Stellen ohne „Ansehen“, ohne Aufmerksamkeit füreinander, ohne Achtung der anderen vorstelle. Jemandem Ansehen schenken heißt für mich, ihn oder sie nicht abschreiben, sondern ihm oder ihr einen besonderen Wert und eine Würde zusprechen, auch wenn ich ihn oder sie nicht verstehe oder anderer Meinung bin. Ich finde, der Einsatz dafür lohnt sich immer wieder auf’s Neue an vielen Stellen, da, wo ich das Miteinander mit anderen sehr schätze, und da, wo unterschiedliche Meinungen und Ansichten aufeinandertreffen oder wo es miteinander nicht immer leicht ist.
Wie wäre es also mal mit einer konsequenten „Runde Respekt“ in der Familie, bei der Arbeit, im Supermarkt, im Zug, beim Sport, beim Nachrichtenschauen oder anderswo?
Ich wünsche Ihnen eine respekt-volle Woche!
Jana Wilde
Pastoralreferentin in der katholischen Pfarreiengemeinschaft Barnstorf, Diepholz und Sulingen