am 13. Februar 2021
Im Hospiz ZUGvogel haben wir an der weltweiten Bewegung teilgenommen, das Lied Jerusalema zu tanzen. youtube: Hospiz Zugvogel Jerusalema.
Ihr tanzt im Hospiz? Ist das nicht makaber, wenn ihr den ganzen Tag mit dem Tod konfrontiert seid?
Nein, wir sind nicht den ganzen Tag mit dem Tod konfrontiert, sondern mit dem Leben. Wir leben mit unseren Bewohner*innen das Leben bis zum Schluss. Und der Tod gehört zum Leben. Viele Menschen verdrängen diese unausweichliche Tatsache, dass das Leben eine tot-sichere Sache ist. Oder sie wollen nicht über den Tod nachdenken in der Hoffnung, dass sie ein hohes Alter bei bester Gesundheit erreichen.
Ich habe einige Kolleginnen aus der Pflege im Hospiz gefragt, inwieweit der Umgang mit dem Sterben und dem Tod ihr Leben verändert; was sie im Blick auf ihr eigenes Sterben hoffen oder befürchten; und ob der Gedanke Einfluss hat auf ihr Leben heute.
Übereinstimmend sagten alle Gefragten, dass sie bewusster Leben, dass sie nichts mehr auf die lange Bank schieben und sich auch mal was gönnen. Sie reden mit anderen Menschen über den Tod, manchmal wird er in der Familie zum Gesprächsthema am Küchentisch. Vieles, was früher mal wichtig erschien, verliert an Bedeutung. Am Ende zählt eben nicht mehr der Besitz, sondern nur noch die Person. Das letzte Hemd hat keine Taschen.
Bewusst die Zeit mit anderen Menschen verbringen wird wichtig. Im Frieden mit sich selbst und der Familie, den Freunden sein hat eine große Bedeutung. Die Angst vor dem eigenen Sterben ist gewichen. Sterbende begleiten beschenkt die Begleitenden mit Ehrfurcht und Dankbarkeit. Es gibt den Wunsch nach einem friedvollen Einschlafen und die Gelassenheit, wenn morgen die Welt untergeht, heute noch mit einem lieben Menschen einen Tee zu trinken.
Ja, wir können im Hospiz tanzen und das Leben feiern. Aki Bosse hat das Lied geschrieben „Der letzte Tanz“: Nichts ist für immer, einfach alles ist nur einmal, also tanz, als wär’s der letzte Tanz.
Schöner kann man den Karneval nicht einläuten:
Tanzt! – Feiert das Leben, das erst durch das Sterben seine Tiefe bekommt. Lebt bewusst und dankbar für die geschenkte Zeit.
In der katholischen Kirche bekommen wir am Aschermittwoch das Aschenkreuz mit den Worten: bedenke Mensch, dass du staub bist.
Ja Mensch, du bist Staub, aber lass dich nicht in den Staub drücken! Tanze das Leben! Denn das Ziel der Fastenzeit ist, im Bewusstsein des Sterbens nach dem Sinn des eigentlichen Lebens zu fragen. Und an Ostern feiern wir, dass das Leben und die Liebe den Tod besiegt haben. – Für immer!
Claudia Rolke, Gemeindereferentin in Sulingen