am 2. Juli 2022
„Generationen deutscher Politiker haben nach 1945 geschworen; Nie wieder dürfen deutsche Geschütze auf russische Soldaten schießen. Jetzt es es soweit. Die Panzerhaubitze 2000 ist in der Ukraine Im Krieg gegen Russlands Truppen.
Das historische Tabu – gebrochen.
Beklemmend. Unheimlich. Aber dennoch: richtig.“
Das schreibt Filipp Platov im Kommentar der Bild-Zeitung diesen Dienstag
Russlands Machthaber Putin hat den Einmarsch von Truppen in die Ukraine befohlen, es besteht kein Zweifel darüber, wer der Aggressor ist.
Aber darauf zu reagieren mit der Lieferung von Panzerhaubitzen, der Schaffung eines Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für Militärausgaben – das macht mir Angst!
Angst davor, dass militärische Gegenschläge, dass Waffen nur weiteres Leid, weiteren Tod zur Folge haben werden, aber keinen Frieden schaffen können.
Das mag damit zusammenhängen, dass ich von einem Vater geprägt wurde, der im 2. Weltkrieg 1942 in Russland durch Schüsse von Partisanen sein rechtes Augenlicht verlor und ein lahmes rechtes Bein davontrug. Der selbst vaterlos aufwuchs, da sein Vater, mein Großvater, 1917 in den Grabenkämpfen vor Verdun gefallen war.
Vater hat nie schlecht über die ehemaligen deutschen Kriegsgegner gesprochen, hat mir aber eingebläut, dass Menschen nie wieder lernen dürften, auf Menschen zu schießen. Ein Verstoß gegen dieses Verbot (Gebot?), als ich im Kinderspiel mit einem Stock auf einen Spielkameraden zielte (Spielzeugwaffen waren mir ohnehin streng verboten!), brachte mir einen scharfen Verweis von ihm ein.
Bei einer Bibelarbeit in der Evangelischen Jungenschaft erfuhr ich, was Jesus zum Thema von Gewalt und Gegengewalt gesagt hatte:
„Ihr habt gehört, dass gesagt ist: »Auge um Auge, Zahn um Zahn.« Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Bösen, sondern: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.“
Fast folgerichtig habe ich dann den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert.
Das erforderte Mut! Musste man doch vor einem 5-köpfigem Prüfungsausschuss seine Gründe darlegen, was mir als damals 18-jährigem jungen Mann nicht leichtfiel, zumal Kriegsdienstverweigerer in der öffentlichen Meinung fast als Vaterlandsverräter galten.
Zum Glück konnte ich mich darauf berufen, dass Hass und Gewalt, dass ungerechte Verhältnisse, dass Ausbeutung von Menschen, dass Verletzung von Menschenrechten durch gewaltlosen Widerstand überwunden werden können. Dafür stehen Namen wie Mahatma Ghandi, Martin Luther King und Nelson Mandela.
Deren Vorbild lässt mich glauben, dass die Vision unseres Herrn Jesu einst wahr wird: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar.
So könnte eine Welt wachsen, wie sie Bertold Brecht 1951 in seinem Gesicht „Die Bitten der Kinder“ gezeichnet hat:
„Die Häuser sollen nicht brennen.
Bomber sollt man nicht kennen.
Die Nacht soll für den Schlaf sein.
Leben soll keine Straf sein.
Die Mütter sollen nicht weinen.
Keiner sollt töten einen.
Alle sollen was bauen.
Da kann man allen trauen.
Die Jungen sollen`s erreichen.
Die Alten desgleichen.“
Bleiben Sie behütet und beschützt unter Gottes Segen!
Rainer Triller, Prädikant aus Freistatt