am 16. September 2023
Es gibt Momente, da fehlen mir die Worte. Im Angesicht von Gewalt, Leid und Tod verstumme ich und werde sprachlos. Am liebsten möchte ich weglaufen und mich wie ein Kind im Bett verstecken. Einfach die Decke über den Kopf ziehen und so tun, als wäre die Außenwelt gar nicht da. Aber das geht nicht oder wenn, dann nur kurzfristig.
In den vergangenen Tagen geschah vielen Menschen in fernen Ländern und in unserer Nähe unsägliches Leid. Die Bilder und Berichte, die uns übermittelt werden, lösen Hilflosigkeit in mir aus. Die marokkanischen Frauen und Kinder, die schockiert auf einem Steinhaufen sitzen, der gerade noch ihr Haus gewesen war. Der riesige braune Streifen aus Schlamm, der die Schneise zeigt, die die Wassermassen in der libyschen Stadt rissen und tausenden Menschen ihr Leben nahmen.
Der gewaltsame Tod der jungen Frau aus unserem Landkreis, der viele bestürzt und mit Trauer erfüllt. Unser Mitgefühl gilt ihrer Familie und allen, die ihr nahestanden.
Angesichts dieses Leides und des Todes fühle ich mich ohnmächtig. Denn ich kann nichts tun, um es ungeschehen zu machen. Es wäre wie ein Traum, wenn auf einmal alles auf „Neustart“ gestellt werden könnte. Die Verstorbenen wären wieder lebendig, die zerstörten Häuser intakt und alles so wie vorher. Ein wunderbarer Traum, den, so vermute ich, alle Leidenden und Trauernden träumen. Aber leider kommt dann wieder das Erwachen und die Ohnmacht. So bleibt mir nichts übrig, als zu klagen. Klagen bedeutet: Den Schmerz und die Trauer zum Ausdruck bringen. Ursprünglich bedeutet es „vor Trauer und Schmerz weinen, schreien oder jammern“. Aber auch das Wort „anklagen“ schwingt mit. Jetzt ist für viele eine Zeit der Klage. Ich glaube, es ist wichtig, die Gefühle und Gedanken auszudrücken. Es tut gut, jemanden zu haben, mit dem ich das, was mich bewegt, teilen kann. Die Ohnmacht, die Trauer, die Wut, den Schmerz, das Gefühl der Verlassenheit und die Gedanken und Fragen, die da sind. Das sind nahe Menschen, ich mein Inneres anvertrauen kann. Auch vor Gott können wir unsere Klagen und unsere Fragen bringen. So wie ein Psalmbeter, der im Gebet sagt: „Ich bin wie eine Eule in der Wüste, wie ein Käuzchen in zerstörten Städten. Ich wache und klage wie ein einsamer Vogel auf dem Dache.“ (Psalm 102,7.8). Ich hoffe, Sie werden Ihre eigene Form der Klage in diesen Zeiten finden.
Bettina Burkhardt, Pastorin in Brockum und Burlage