am 4. November 2023
„Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch!“, so stellt es der Beter des Psalms 68 fest.
Was ist das denn für ein Gott, der Menschen erst Lasten auferlegt und dann hilft? „Der Herr legt uns eine Last auf.“ Das heißt doch nichts anderes als: Gott macht uns das Leben schwer!
Das Leben ist auch so schwer genug, und Gott bürdet uns noch sein Päckchen obendrauf?
Die Hand, die uns aufhilft, ist dieselbe Hand, die uns schlägt? Das soll unser Gott sein?
Den hebräischen Urtext kann man auch so übersetzen: Er belastet uns. Er hilft uns.
Vielleicht meinte der Psalmschreiber damals: Die Tatsache, dass Gott uns Lasten auflädt, hilft uns.
Gott hilft uns, indem er uns Belastungen zumutet. Die Last kann tatsächlich eine Hilfe sein.
Wenn beispielsweise jemand gelenkig bleiben will, treibt er Sport. Er belastet seinen Körper. Entspannung und Belastung - das hilft.
Oder wie schwer haben es Kinder, denen stets jeder Wunsch von den Augen abgelesen worden ist, denen jede Last stets abgenommen wurde. Wenn sie ihre erste echte Niederlage erleben, bricht eine Welt zusammen.
Ist es nicht oft erst das Leid, das man selber durchlitten hat, das einem Mitgefühl für andere verschafft, und einen Blick für andere schenkt? Aus Last wird Hilfe.
Das Leben ist manchmal wie ein Schiff in schwerer See. Im Sturm flutet man die Ballasttanks im Kiel. Last hilft, das Schiff stabil zu halten, damit die Wellen es nicht umwerfen.
Ein Gott, der uns Lasten auflegt und uns gerade dadurch hilft, lebenstüchtig zu werden.
Aber, es gibt Grausamkeiten, die einfach nicht von Gott stammen. Es gibt Lasten, die nicht stärken, sondern erdrosseln, Lasten, die einfach zu schwer sind für eine Menschenseele.
Deshalb übersetzten jüdische Gelehrte den Satz auch folgendermaßen: Tagtäglich lädt Er sich’s auf - für uns.
Haben Sie den Unterschied bemerkt?
Der Bibelvers sagt jetzt nicht mehr, dass Gott uns Lasten aufbürdet, sondern, dass Gott sich selbst Lasten auflegt. Er packt uns nicht noch eins drauf, sondern im Gegenteil: Er macht es uns tragbarer, erträglicher.
Die biblische Erfahrung war: Gott ist der, der uns beisteht und es uns erleichtert. Gott ist derjenige, der uns die Lasten tragen hilft, die das Leben uns auferlegt.
Wenn ich den Psalm richtig deute, dann steht da jemand für Sie heute bereit und trägt Ihnen die Taschen, nicht alle, aber die ganz schweren. Nimmt von Ihnen, was Sie überfordert, und tut alles, um uns heute die schwerste Last abzunehmen und uns damit einen gangbaren Weg zu ebnen.
Machen wir es uns heute also nicht selber schwerer, als Gott es uns zumutet!
Pastor Klaus-Joachim Bachhofer, St. Nikolai Kirchengemeinde, Kirchdorf