am 13. März 2021
Neulich ist es wieder passiert: Ich komme nach Hause, habe noch die Tasche und den Autoschlüssel in der Hand und will mal eben schnell die Schuhe ausziehen. Doch anstatt die Schleife zu lösen, ziehe ich mir einen festen Knoten in den Schnürsenkel. Ein tiefer Seufzer hilft dann auch nur bedingt.
Zum Glück bekomme ich die Schuhe meistens auch mit Knoten ausgezogen. Später kann ich dann ruhig und im Sitzen den Schnürsenkel vom Knoten befreien.
Wenn es doch immer so einfach wäre. Aber es gibt viele andere Knoten, die sind wesentlich verworrener. Zum Beispiel die Knoten in den Beziehungen zwischen Menschen. In manchen Familien ist das Verhältnis total durcheinander geraten. Ein Kuddelmuddel durch alte Verletzungen, immer neue Sticheleien und schmerzhafte Erfahrungen, das sich zu einem unentwirrbaren Knäuel zusammenballt. Es braucht viel Zeit und Geduld, solche Knoten zu lösen und einen Anfang im Gesprächsfaden zu finden.
Oder am Arbeitsplatz: Unter den Kolleginnen und Kollegen herrscht ein schlechtes Klima. Einer kommt mit dem anderen nicht zurecht. Manchmal sehnt man sich danach, dass jemand ein Machtwort spricht und den Knoten zerschlägt! Doch ich bin skeptisch, dass Knoten so gelöst werden können, ohne noch mehr kaputt zu machen.
Manche Knoten trage ich auch mit mir selber rum. Gerade jetzt in diesen Wochen vor Ostern lädt uns das Motto der diesjährigen Fastenzeit „7 Wochen ohne Blockaden“ ein, einen offenen und ehrlichen Blick auf uns selbst zu richten. Wo stehe ich und wo stecke ich manchmal fest? Was braucht Veränderung und Aufbruch? Was ist so verstrickt in mir, dass es Lösung und Befreiung braucht?
Es ist schön, wenn Knoten gelöst werden. Wenn Menschen wieder zusammenfinden und miteinander einen neuen Anfang wagen. Aber nicht immer gelingt das. Mit manchen Knoten muss ich leben. In meinen Beziehungen zu anderen, mit mir selbst.
Doch auch dann bin ich nicht allein. In Psalm 139 heißt es:
„Du, Gott, kennst mich. Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne.“ In diesen Worten wird für mich deutlich: Gott ist wie einer, der alles von mir weiß, der das Wirrwarr meines Lebens kennt und trotzdem nicht irre an mir wird. Ich bin durchschaut, aber von einem, der mich liebt und löst.
Gott löst nicht alle Knoten in meinem Leben. Manche bleiben. Und doch spüre ich, wie er mir Kraft gibt. Manchmal auch dazu, mich mit Geduld den Schnürsenkeln zuzuwenden.
Reinhard Thies, Pastor in Barenburg und Varrel