am 21. August 2021
„Michael, warum bist du in der Stunde der Not gegangen?“
Rebell. Häftling. Staatsfeind Nummer Eins. Minister. Oberbefehlshaber. Staatsmann. Befreier. Idol. Hassfigur. Legende.
Am 22. August 1922 wurde Michael Collins getötet. Er hatte Irland in seinem Unabhängigkeitskrieg gegen Großbritannien geführt. Nicht immer mit lauteren Mitteln. Doch als die Zeit gekommen war, trat er in Verhandlungen. Sein Land wurde zu einem freien Staat. Michaels Ende wurde tragischerweise von einer irischen Waffe besiegelt. Er starb im Bürgerkrieg. Durch die Hand eines Iren, der das Abkommen mit England – und den Verlust von Nordirland – nicht akzeptieren konnte.
Die Geschichte macht mich jedes Mal traurig. Nicht nur der Tod von „Mick“, wie ihn seine Freunde nannten. Besonders auch die Spaltung der Iren. Da waren Männer, die gerade noch Seite an Seite gestanden haben. Und jetzt kämpften sie gegeneinander. Weil sie sich nicht über den Vertrag mit England einig waren. Das trieb sie auseinander. Machte aus Freunden erbitterte Feinde.
Es hätte anders kommen können. Michael Collins wusste, wann es Zeit war, die Waffen niederzulegen. Seinem Gegner die Hand zu reichen. Frieden zu machen. Dafür wurde er von vielen respektiert. Der Streit in den eigenen Reihen ließ ihn nicht mehr erleben, wie Irland seine volle Unabhängigkeit gewann.
In seinem Brief an die Gemeinde in Rom schrieb schon der Apostel Paulus, wie wichtig guter Zusammenhalt ist: „Lebt mit allen Menschen in Frieden – soweit das möglich ist und es an euch liegt.“ (Römer 12, 18) Lasst keinen Konflikt zwischen Euch sein. So gut Ihr das eben hinbekommt.
Paulus ist Realist. Er kennt die Menschen. Ihre Ziele und Schwächen. Die unüberwindlichen Gräben, die wir manchmal zwischen uns ausheben. Darum „soweit es möglich ist und es an euch liegt“, haltet Frieden. Manchmal kann ich das selbst mit den besten Absichten nicht garantieren. Aber ich kann mich darum bemühen. Auch, wenn ich mit meinem Gegenüber nicht einig werde. Wir können uns trotzdem verständigen. Und müssen nicht aufeinander losgehen.
Im Frieden kann ich meine Hand ausstrecken. Ich kann versuchen, einen neuen Anfang zu machen. Zu meinem Gegenüber sagen: „Jetzt ist genug mit dem Streit. Lass uns gemeinsam an der Zukunft arbeiten.“ Vielleicht wird etwas daraus. Vielleicht auch nicht. Aber ich tue mein möglichstes. Ich versuche, Frieden zu halten. Das ist der erste Schritt. Der erste Schritt auf einem besseren Weg.
Reichen wir einander die Hand. Mal sehen, wo es hinführt.
Pastor Benjamin Fütterer
Ev.-luth. Kirchengemeinde Sulingen