am 28. Oktober 2023
Der Reformationstag ist für mich seit jeher ein Festtag unserer Kirche und Gesellschaft. Ich habe mich gefreut, als er 2018 in vielen Bundesländern zum Feiertag wurde.
Warum? Weil an diesem Tag an ein Ereignis erinnert wird, dass im Grunde die Befreiung einer ganzen Kultur zum Ausdruck bringt. Deshalb werde ich auch in diesem Jahr als Zeichen für die Freiheit im Gottesdienst wieder mein durchaus Ärgernis anregendes in Rot gehaltenes „Luther in Che-Guevara-Gestalt“-Shirt, das ich mir 2017 in Wittenberg zum Reformationsjubiläum gekauft habe, tragen. Ich trage es nicht, weil alles, was durch die kubanische Revolution einher ging, richtig war, sondern weil der Kampf für Freiheit jeglicher Art – und diejenigen, die dafür eintreten – immer etwas bleiben wird, was uns Menschen herausfordern wird und muss. Gut, die Reformation war gewiss keine Revolution, obwohl sich in der damaligen Zeit die Welt in vielerlei Hinsicht revolutionsartig veränderte, aber das Geschehen in dieser Zeit zeigt eines deutlich, dass es wichtig ist aufzustehen und für eine Herzenssache einzustehen.
Besonders jetzt sollten wir uns dieser Herausforderung bewusstwerden. In einer Zeit, in der immer mehr Menschen populistischen Aufwieglern mit volksverhetzenden Parolen nachlaufen, ist es wichtig, um der Freiheit willen, Farbe zu bekennen. Deshalb hoffe ich, dass wie neulich bei der Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen, Menschen mit dazu beitragen, dass die Demokratie gestärkt wird, dass trotz der vielen Probleme, ob hausgemacht oder an uns herangetragen, sich immer Menschen finden werden, die einer freiheitlich demokratischen Grundordnung, in der auch der Glaube auf vielfältige Art gelebt werden kann, das Wort sprechen. Dass wir uns daran erinnern, dass es zu Beginn der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts als es eine große Krise gab, die viele Menschen in ihrer Existenz bedrohte, dazu kam, dass eine ganze Nation ihre Hoffnung auf einen Retter setzte, der mit einfachen, aber lauten und schrillen Parolen, letztlich nicht nur ein ganzes Volk, sondern Millionen Menschen verschiedener Ethnien und Kulturen ins Verderben führte. Ich hoffe es, weil sich in vielen Köpfen unseres Landes etwas breit macht, das mir Sorge bereitet. Die Sorge, dass unsere Freiheit, die auf so vielfältige Art Wunderbares hervorbringt, durch Menschen, die sich wieder einen „A-dolf f-ür D-eutschland“ wünschen, zerstört wird.
Der Reformationstag ruft für mich dazu auf, standhaft zu bleiben und der Freiheit zur Seite zu stehen. Deshalb ist es gut, dass dieser Tag als Feiertag besonders hervorgehoben ist. Das macht allen deutlich, dass für Menschen, die zur Freiheit berufen sind, wie es an diesem Tag heißen wird, es wichtig ist, immer wieder achtsam zu sein und daran zu erinnern, was uns Geschichte lehren kann.
In diesem Sinne wünsche ich allen, standhaft zu bleiben gegenüber denjenigen, die unverbesserlich immer noch dem nachhängen, was schon einmal ins Verderben führte, ebenso aber auch gegenüber denjenigen, die aus ganz anderen Gründen momentan mit israelfeindlichen Parolen auf unseren Straßen durchaus berechtigtes Leid auf eine fatale Weise anklagen. In diesem Sinne gelten die Worte, die man Luther auf dem Reichstag zu Worms zuschreibt, auch für mich: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir!“
Pastor Rainer Hoffmann,
Ev.-luth. Kirchengemeinden Jacobi- und Mariendrebber