am 26. August 2023
Während ich in meinen Urlaubstagen bei Regen und herbstlichen Temperaturen einmal mehr den Fernseher durchzappte, machte mich meine Tochter auf eine US-amerikanische Fantasyserie mit dem Titel „Once upon a time“ aufmerksam. Gelangweilt schaute ich mir die erste Folge an. „Es wird noch besser, glaub mir.“ Mit einem breiten Grinsen im Gesicht zog sie die Tür hinter sich zu, und ließ mich mit dieser kitschigen Serie allein auf dem Sofa zurück. Hin- und hergerissen, ob ich mir das wirklich antun soll, habe ich mich schließlich einfach berieseln lassen, und schaute eine Folge nach der anderen. Bis – ja, bis mir eine Art roter Faden aufgefallen ist, den ich zum Anlass nahm in Bezug zu setzen mit biblischen Botschaften. Letztendlich geht es in dieser Serie um die Kunst zu vergeben, damit das Gute über das Böse siegen kann. So weit, so gut. Doch mal ganz ehrlich - wer denkt nicht gleich an Vergeltung, wenn ein geliebter Mensch böswillig genommen wurde? Wer resigniert nicht nach dem x-ten Mal der Vergebung, wenn sein Gegenüber sich einfach nicht ändert? Ich jedenfalls habe es manchmal schwer mit dem Vergeben. Und so beobachte ich auch in seelsorglichen Gesprächen immer wieder, dass wir von den Schatten unserer Vergangenheit eingeholt werden. Ich denke dabei an seelische Wunden und Verletzungen, die so tief greifen, dass keine innere Versöhnung möglich ist. Doch was braucht es, um inneren Frieden zu finden? Um ausgesöhnt zu sein mit sich und seinem Gegenüber? Und wo ist der Unterschied zwischen Versöhnung und Vergebung?
Ich denke, dass ein Kernpunkt der Vergebung darin besteht, dass ich jemanden vergeben kann, ohne mit ihm versöhnt zu sein. Es bedarf dafür nicht einmal eine Gegenüberstellung. Es kann ein innerpsychischer Vorgang geschehen, damit eine zugefügte Kränkung innerlich verarbeitet werden kann. Herausfordernder ist für mich die Versöhnung. Versöhnung als Akt der zwischenmenschlichen Begegnung. Ein gegenseitiges Beziehungsgeschehen. Wo Versöhnung stattfindet, kann sich neues entwickeln. Die Beziehung zu der Person wird neu grundgelegt. Und einmal mehr bin ich peinlich berührt. Wenn mein Blick auf die Botschaft des Neuen Testaments fällt, ist es genau dies, weshalb Jesus auf die Welt kam, und am Kreuz gestorben ist. Er nahm alle Schuld auf sich, damit ich – damit wir, neu anfangen können mit Gott. Welch grenzenlose Liebe erreicht mich da? Ich darf mich angenommen wissen mit all meinen Ecken und Kanten. Mit all meinen Fehlern, Gemeinheiten und Verfehlungen. Und das immer wieder aufs Neue. Um wie vieles fällt es mir mit diesem Wissen leichter, dass auch ich versöhnlich auf andere zugehen kann, um dann im Nachgang sagen zu können: „Es war einmal“.
Cora Cora Neumann, Gemeindereferentin der Pfarreiengemeinschaft Barnstorf-Diepholz-Sulingen