am 23. Oktober 2021
„Ein Pessimist ist ein Optimist, der nachgedacht hat“, lese ich auf einer Spruch-Postkarte.
Und ich denke, so ein Unsinn! Ich frage mich: Wem schickt man eigentlich so´ne Karte? Vielleicht Tante Sophie oder Onkel Fritz, die so missmutig dreinschauen und alles madig machen. Mit einem Augenzwinkern könnte ich sie daran erinnern, dass sie das Leben viel bunter sähen könnten, würden sie nicht so viel grübeln?
Oder landet die Karte bei einem Nachbarn im Briefkasten, dessen Frohnatur und Zuversicht allen auf die Nerven geht? Oder klebt man die Karte an die Bürokaffeetasse der Kollegin, die man intellektuell für zu unbedarft und naiv für ihren Job hält?
Schwarzmalerei begegnet mir leider immer öfter: Impfchaos, Geschäftesterben, vierte Corona-Welle – und die Vermüllung der Meere, das Artensterben und der beängstigende Klimawandel sind ja auch noch da.
Vielleicht darf ich das gar nicht Schwarzmalerei nennen. Schließlich handelt es sich ja meistens um nachprüfbare oder beweisbare Fakten. Die will ich auf keinen Fall anzweifeln. Ich frage mich nur: Wofür ist Pessimismus eigentlich gut? Wem dient er denn?
Geht’s ums Rechthaben? Wenn es wirklich dicke kommt, dann kann man selbstgefällig und mit breiter Brust behaupten: Das habe ich ja gleich gesagt!
Oder geht es darum, sich zu rüsten für die Katastrophen?
Spätestens wenn ich anfange, etwas zu ändern – z.B. lokal einkaufe, mich positiv einbringe vor Ort oder schlichtweg Müll zu vermeiden versuche – dann ist der ganze „schöne“ Pessimismus ja erledigt. Wer etwas ändern will, ist zwar deswegen noch kein Optimist, aber schon mal ein bisschen zuversichtlich und auf dem Weg.
Ich glaube ja sowieso, dass Pessimismus gern vorgeschoben wird. Wenn alles keinen Sinn hat, kann der werte Pessimist nämlich mit seinem Allerwertesten auf dem Sofa sitzen bleiben und die Katastrophe in aller Ruhe auf sich zukommen lassen.
Gehen wir voller Pessimismus an eine Sache heran, werden wir gar nichts erreichen.
Daher liebe Pessimisten, runter vom Sofa! Die Zuversichtlichen brauchen euch und die,
die Gott vertrauen, – gerade wenn’s düster aussehen mag.
Der Glaube ist ein Festhalten an dem, worauf man hofft und ein Überzeugt sein von Dingen, die nicht sichtbar sind. (Hebräer 11,1)
Bleiben Sie zuversichtlich und munter. Oder wie Oma immer gesagt hat: Hölpt jo nix.
So kauf ich doch lieber die andere Spruchkarte und steck sie an mir an die eigene Pinnwand. „Der Optimist sieht das Leben als ein Geschenk Gottes, zwar mit Ablaufdatum, aber der Pessimist sieht nur das Ablaufdatum“.
Pastor Gerald Engeler
Ev.-luth. Kirchengemeinden
Schwaförden-Scholen + Sulingen