am 16. Januar 2021
„Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“ (Joh 1, 16)
oder doch „haben wir empfangen“ oder „hat er – Gott – uns beschenkt“. Sind es Übersetzungsvarianten oder theologische Entscheidungen? Nehmen wir oder empfangen wir? Und wie fühlt sich Gnade konkret an? Gnade ist christlicher Sammelbegriff für das Gute, das von Gott kommt. Gott ist handelnder, schenkender. Menschen sind empfangende, weitergebende, in Anspruch nehmende von Gottes Wohlwollen, Liebe, Verzeihen, Freundlichkeit… In einer Zeit des Hinnehmens und Verzichtens klingt all das Vielen unendlich weit weg. Ein Blick in die Welt zeigt: für die Mehrheit der Mitmenschen ist all das ein kaum greifbares Senfkorn Hoffnung. Und doch hoffe und vertraue ich: alle Krankheit, aller Tod, alle Angst die in Hass umschlägt, alle Verzweiflung die sich in Gewalt entlädt, alle Gier die gewissenlos orientierungslosen Schmerz und Hilflosigkeit ausnutzt: all das kann die Fülle, die Gott ist und gibt, verhüllen, zurückdrängen und bekämpfen, aber nicht zerstören. Die Zeit des Umarmens, Tanzens und Singens ist nicht jetzt, aber sie kommt. Die Zeit des mutig Träume Wahrmachens und die Welt Erkundens ist nicht jetzt, aber sie kommt. Jetzt ist die Zeit an Hoffnung festzuhalten. Jetzt ist die Zeit in Senfkörnern zu denken: kleine Gnadensamen zu entdecken, zu verschenken. Im Erinnern und Vertrauen und Hoffen auf: Aus seinem Reichtum hat er uns beschenkt, uns alle mit grenzenloser Güte überschüttet.
Pastorin Silke Kuck,
Schmalförden und Neuenkirchen