am 2. Mai 2020
Coronazeit – Aufräumzeit. Auf meinen Spaziergängen in den letzten Wochen habe ich es immer wieder gesehen. Menschen räumen auf. Ich höre es von vielen aus meinen Gemeinden und bei uns zu Hause wurde auch aufgeräumt. Ich habe dabei einen Spruch auf meinen Schreibtisch gefunden, den mir ein Gemeindeglied einst geschenkt hat: „Das Glück ist ein Mosaikbild, das aus lauter unscheinbaren kleinen Freuden zusammengesetzt ist.“ (Daniel Spitzer 1835 – 1893, österreichischer Feuilletonist).
Glücklich sein, ein Mosaik?
Leben als Mosaik zu betrachten, das gibt mir einen neuen Blick. Ich verstehe: Das Leben besteht aus vielen kleinen, oft unscheinbaren und unverwechselbaren Details. Manche haben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun, denn Leben ist kein Puzzle aus vorgegebenen Teilen, die sich in einer bestimmten Form zusammensetzen lassen. Nein, es findet sich zusammen, mosaikartig aus vielen Steinchen, die nun einmal nebeneinander gesetzt werden. Manche fügen sich gut aneinander, andere nicht. Manche sind sehr wichtig und andere weniger. Einige beachten wir mehr, andere geraten aus unserem Blickwinkel. Sie alle ergeben ein individuelles Bild, einzigartig, persönlich und wahrhaftig. Das Bild meines Lebens, das ein Glücksbild sein kann, wenn es mir gelingt, die vielen unscheinbaren Freudensteine darin zu finden.
Um Glück, genauer gesagt um Freude geht es am Sonntag „Jubilate“. Für mich ist es eines der schönsten Thema, die wir im Kirchenjahr haben. Doch oft spüre ich sie nicht mehr die Freude, die unserem Leben den gewissen Glanz verleiht. In Kinderaugen sehe ich sie noch, wenn ihnen etwas geschenkt wird, auf dass sie lange warteten. Freude, vielleicht auch im Sport über eigene Erfolge oder die der Mannschaft. Freude beim Wiedersehen erlebe ich auf Flughäfen oder an Bahnhöfen, aber Freude im Alltag, Freude im Leben über das Alltägliche?
Da spüre ich eher Selbstverständlichkeit, zumindest in Vor-Corona-Zeiten. Deshalb bin ich dankbar, für all die vielen kleinen Freudensteinchen, die mir gerade in den letzten Wochen geschenkt wurden, die ich aufmerksamer wahrnehmen konnte als in den Zeiten, wo das Alltägliche mir oft den Blick für das Kleine nimmt. Ich durfte mich darüber freuen, dass Konfirmandeneltern nicht nur verständnisvoll auf die Verlegung der Konfirmation reagierten, sondern sich zudem noch persönlich bedankten, dass wir uns engagiert und mit Herzblut für das Wohl ihrer Kinder in diesen schweren Zeiten einsetzen. Freuen darüber, dass Familien, die einen Trauerfall hatten, verständnisvoll reagierten und dankbar annahmen, was nicht zu ändern war. Freuen darüber, dass ein Brief zu Ostern, bei vielen Menschen in unseren Orten Freude in ihren Herzen brachte. Einen kleinen Freudenstein des Glückes. Und ich habe mich darüber gefreut, dass viele sich über dieses Steinchen gefreut und ihren Dank auf verschiedene Weise ausgedrückt haben. Freude an kleinen Dingen, Freude an dem Nichtalltäglichen.
Vielleicht retten wir davon etwas hinüber, denn die Freude ist etwas, was unser Leben schön macht. Wie habe ich es noch von meiner Großmutter gelernt. „Geteiltes Leid ist halbes Leid und geteilte Freude ist doppelte Freude.“ In diesem Sinne wünsche ich ihnen, suchen sie weiterhin Freudensteine in ihrem Leben. Nehmen sie sich die Zeit, die ihnen in der Coronazeit im Grunde geschenkt wird, als Anlass sich auf die Suche nach solchen Steinen zu machen. Ein Mosaikbild des Glückes kann so für sie entstehen, denn nur aus vielen kleinen Einzelteilen wird sich in ihrem Leben erst das Glücksgefühl ergeben, aus dem Freude erwachsen kann.
Jubilate, nicht nur an diesem Sonntag, sondern lebenslang, ein wahres Geschenk Gottes, das sie selbst auspacken und aus vielen Lebensfreuden zu einem zufriedenen Leben zusammensetzen können.
Ihr Pastor Rainer Hoffmann, Drebber