am 13. August 2022
„Endlich mal raus aus dem Trott und die Seele baumeln lassen!“ So denken Viele, wenn sie in den Urlaub aufbrechen.
Und dann führt die Reise ans blaue Meer, in die Berge oder zu faszinierenden Städten mit schöner Architektur und großer Geschichte.
Der tägliche Kram, der einen zu Hause umgibt, kann für eine Zeit vergessen werden. Und auch die düsteren Bilder, die uns bedrängen, weichen für einen Moment zurück. Eine Unterbrechung des Alltags.
„Ich habe mich gut erholt“, sagen die meisten, wenn sie zurückgekommen sind. Die Farbe im Gesicht ist wie ein Beweis dafür. So eine Unterbrechung tut gut.
Solche Unterbrechung erinnert mich daran, was in den Gottesdiensten geschieht. Das mag überraschend klingen. Ich glaube, Gottesdienste sind auch eine Art Unterbrechung. Sie sind natürlich keine Urlaubsreise. Und Farbe im Gesicht bekommt man nur, wenn Gottesdienste draußen stattfinden.
Aber ist es nicht so, dass man auch dort „die Seele baumeln“ lässt? Am Anfang singen wir oft: „Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein; ach, wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein“.
Gottesdienste berühren auf ganz individuelle Weise. Jede und jeder wird etwas Anderes finden, woran die Seele sich freuen kann: Das Vorspiel der Orgel, die Melodie eines Liedes, die Sonnenstrahlen, die durch die Kirchenfenster hereindringen, einzelne Wendungen in Gebete, Gedanken aus der Predigt. Mit all diesen Dingen begegnet uns Gott. Was uns umtreibt – Sorge, Ängste, Verletzungen, aber auch Freude -, das wird mit Gott in Verbindung gebracht. Das geschieht, damit wir in unseren Sorgen unterbrochen und in unserer Freude gestärkt werden.
Gottesdienst heißt ja auch: Gott dient uns. Er unterbricht uns auf heilsame Weise. Wir erfahren, was uns trägt bei allem, was wir in unserem Alltag tun und lassen. Wir spüren, was uns stärkt bei den bedrängenden Fragen, mit denen wir uns zu befassen haben.
Dies können wir nicht wie einen Urlaub buchen – wir können es uns nur schenken lassen. Die schöne Pforte tut sich für uns auf. „Hier ist Gottes Angesicht, hier ist lauter Trost und Licht“, heißt es in dem Lied. Ein neues Licht fällt auf unser Leben, auf unseren Alltag mit seinen Herausforderungen. Und damit verändert sich etwas. Unser Blick weitet sich. Wir entdecken, was möglich ist.
Wenn wir aus einem Gottesdienst kommen, sagen wir wohl nicht: „Ich bin gut erholt.“ Aber oft denken wir: „Ich habe neuen Schwung bekommen.“ Von Gottes Licht begleitet gehen wir unsere Wege.
Pfarrer Michael Krause, Bethel im Norden, Freistatt