am 27. März 2021
In einer Woche feiere ich mein 63. Osterfest. Das ist kein Wiegenfest, eher das Gegenteil. Ich habe meine ganz eigene Ostergeschichte. Meine früheste Erinnerung daran ist die an eine Art von „Hoppelpoppel“: ein flacher Plastikhase auf Rollen, der einen Bollerwagen mit grünem Papierstroh hinter sich herzieht. Bunt, schön und von familiärer Idylle geprägt ist der Beginn meiner Ostergeschichte. Süß auch, denn im Grünstroh versteckten sich Schokoeier.
Etliche Jahre später wurde mir Ostern zur missionarischen Ackerscholle: „Christus ist auferstanden - er ist wahrhaftig auferstanden!“ skandierte ich vollmundig und bekenntnislaut. Da war mir die Süße von Ostern schon durchkreuzt. Meine unerbittliche Erweckungsfreude empfanden längst nicht alle einladend und ansteckend, manch Zweifelnde aber als brandmarkend.
In den 80er Jahren färbte sich mein Ostern dann linkspolitisch ein. Die Ostermärsche wurden mir wichtig. Auf eigenen Füßen stehen, sich nicht auf´s Kreuz legen lassen und mit anderen in Bewegung sein auf Solidarität zu. Das hatte viel von bewußtem Aufstehen für den Frieden, weniger vom Mysterium der Auferstehung des Herrn und Heilandes.
In einer Woche feiere ich mein 63. Osterfest. Mehr als die Hälfte dieser Zeit gilt mir als immer noch nicht abgeschlossene Suchbewegung: wie feiert sich Ostern zwischen Meister Lampe, Heiland und Himmelfahrt? Wo finde ich meine Position zwischen Zuckerei, Wundmalen und Auferstehung? Ich erlebe die Osterzeit mit jedem Jahr immer mehr als ein Pendeln zwischen Skepsis, berechtigtem Hoffen auf Überwinden und einem Mutigwerden zum aufrecht Stehen.
In einer Woche feiern wir alle unser zweites Corona Osterfest. Pandemische Ostern gewissermaßen mit weltweiter Hoffnung auf Überwindung: hoffentlich im nächsten Jahr nicht wieder Ostern im Lockdown. Vor kurzem sagte mir jemand, im Licht des Auferstehungsmorgens von Ostern sähen wir die Freude und das Geschenk des Neubeginns. Sagt Ihnen das etwas? Oder überschattet sich Ihr Morgenlicht angesichts Social Distancing, irritierender Impfdebatten und erneut steigender Inzidenzwerte? Welche Fragen stellen Sie sich, auf welchen Positionen versuchen Sie, Ihre Hoffnung auszubalancieren? Vielleicht nicht zu, aber um Ostern herum?
Der Schweitzer Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti hat einen Text verfasst, der mir nicht nur zu Ostern als Balancehilfe gilt. „Gott, so denkt man oft, so verkünden Eiferer lauthals, sei Antwort. Spröder sagt die Bibel, dass er Wort sei. Und wer weiß, vielleicht ist er meistens Frage: die Frage, die niemand sonst stellt.“ Ich wünsche Ihnen ein in diesem Sinne fragwürdiges Osterfest.
Rüdiger Fäth
Diakon und Kirchenkreissozialarbeiter