am 20. April 2024
Was ist angenehmer als wohlwollende Zuwendung? Was wirkt inspirierender als ein interessiertes Gegenüber? Die Aufmerksamkeit anderer Menschen ist für die meisten von uns unwiderstehlich und wir genießen es, wenn jemand aufmerksam zuhört, nachfragt und offenbar echtes Interesse hat.
Wilde Blüten treibt das Streben nach Aufmerksamkeit bei Prominenten, sie suchen den Beifall, die Bühne, die Zeitung und freuen sich daran, so attraktiv zu sein und leben nicht selten in der Sorge, ob die anderen das denn auch merken. Die sozialen Medien sind ein großer Aufmerksamkeitsmarkt, Zuwendung und Likes sind die Währung.
Doch auch ohne Prominenz kann es schrecklich sein, wenn Gespräche an uns vorbeilaufen und wir einfach keine Beachtung finden. Oder wenn wir an jemanden geraten, der die ganze Zeit nur von sich selbst spricht und nicht eine einzige Frage stellt. Das ist eine echte Unsitte geworden, sich nicht einmal mehr aus Höflichkeit zu interessieren.
Es ist schon erschreckend zu merken, wie tief das in uns begründet ist: für andere wichtig zu sein. Niemand möchte das zugeben oder zeigen. Doch wer keine Aufmerksamkeit erfährt, erlebt es als Mangel und Kränkung. Gerade wenn jemand in eine schwierige Lage kommt, wird es schnell bitter, wenn jemand das gewohnte Umfeld verliert, fällt das sofort auf. Wir Menschen können uns zwar anpassen und sehr genügsam werden. Doch nicht beachtet zu werden, beschädigt unser Selbstwertgefühl und kann zu Rückzug und in die Einsamkeit führen.
Es gibt einen Bericht in der Bibel, wo Jesus durch ein Gedränge geht. Da berührt eine Frau sein Gewand. Flehentlich ist diese Kontaktaufnahme, verzweifelt, weil sie in ihrer Not niemand wahrnimmt. Obwohl im vollen Lauf, bremst Jesus ab und fragt: „Wer hat mich berührt?“ Seine Jünger sagen: „Das kannst du nicht ernst meinen. Hier drängeln und drücken alle und wollen dich berühren.“ Jesus aber sagt: „Es ist eine Kraft von mir ausgegangen.“
Jeder echte Kontakt ist so. Da geschieht etwas. In diesem Sinne gibt es täglich unzählige Möglichkeiten, andere Menschen in den Blick zu nehmen, sie zu sehen, zu spüren, anzusprechen. Brauchen tun das alle. Geben können das auch alle. Kaum etwas ist so leicht wie die ernst gemeinte Frage: „Und, wie geht es?“ Es ist auf jeden Fall eine gute Übung, anderen Menschen aufmerksamer zu begegnen. Es lohnt sich. Aufmerksam zu sein kostet etwas Kraft, aber es kommt auch viel zurück.
Pastor Thorsten Nolting
Geschäftsführer
v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
Unternehmensbereich Bethel im Norden