am 30. April 2022
Ich sitze am Tisch bei meinen unkraischen Gastgebern, auf dem Handy empfangen zwei Frauen eine Nachricht darüber, wie in der Nähe ihrer Heimatstadt russische Raketen einschlagen. Kurz darauf teilen sie Videoaufnahmen mit mir. Alle gemeinsam bangen wir um das Leben ihrer Familie in ihrer Heimat. Und ich bin hier in Diepholz. erlebe eine Welt, die fern ab davon eine andere Wirklichkeit zu sein scheint. Surreal – unwirklich und doch real. Wie kann das beides so gleichzeitig sein? Was für Welten prallen in diesem Moment aufeinander? Kaum fassbar erscheint uns der Schrecken des Krieges in mitten unseres alltäglichen Lebens. Kriegsschrecken in Echtzeit. Kein Videospiel. Wie können wir nachspüren, wie es unseren ukrainischen Gästen ergeht? Dieser Krieg hat unseren Blick auf die Welt und unser Leben verändert. Er ist wie eine verschobene Wirklichkeit. Unser Alltag sieht so aus wie vorher, aber er ist doch durch diese Schreckensnachrichten so ganz anders geworden. Ver- - rückt. Unsere Wahrnehmung ist um ein nur medial wahrzunehmendes Element unserer Wirklichkeit verschoben. Von etwas fernab unserer Lebensräume. Und doch ist es eindrücklich real da.
Gibt es auch positive Nachrichten, die den Blick auf unser Leben in ähnlicher Weise ver-rücken können? Gibt es Positives, das uns auch ähnlich surreal vorkommt und dennoch wahr ist? So erscheint mir so manches Mal die Osterbotschaft. Fernab in Raum und Zeit und doch ist sie wahr und alles verändernd. Sie verändert den Blick auf mein Leben, auf Leid und Tod. Sie macht meinen Schmerz nicht kleiner und doch meinen Umgang mit ihm. Die Dunkelheit ist nicht aufgehoben, aber in ihr ist ein Licht angezüdet, das nicht verlöscht werden kann. Die Dunkelheit hat ihre Macht verloren, weil Gott am Kreuz über den Flucht dieser Welt gesiegt hat. Die Botschaft der Auferstehung Jesu von Ostern ist etwas „unfaßbar“ Positives. Leid ist eine Grenze gesetzt. Mit Ostern gibt es immer ein positives danach und eine andere Hoffnung behält das letzte Wort. Surreale – Verschobene Wirklichkeit. Und doch real. Ich wünsche uns, dass wir gemeinsam mit unseren ukrainischen Gästen der Grausamkeit und dem Leid des Krieges diese surreale Botschaft der Hoffnung von Ostern an die Seite stellen können, so dass sie uns ermutigt und Kraft gibt. Im Römerbrief heißt es: „Wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet. Aber die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes... Denn in Christus ist eine neue Schöpfung angebrochen.“ (Röm 8,21f +2.Kor 5,17). Pastor Stephan Winter.
Pastor Stephan Winter.