am 22. Juli 2023
„Stoh fast, kiek wiet un rög di“ Diesen Spruch findet man schon mal an den Giebeln des ein oder anderen alten Hauses. „Stoh fast, kiek wiet un rög di“. (Das heißt auf Hochdeutsch ungefähr: Steh sicher, blick in die Weite und rühr dich, beweg dich.) Es geht um: Festigkeit nach unten, Offenheit nach oben, Beweglichkeit nach vorn.
Die Festigkeit könnte man mit einem biblischen Satz in Verbindung bringen, der auf den Grundstein vieler unserer Kirchen geschrieben ist: „Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Eine so feste Verankerung schließt Offenheit und Beweglichkeit – kiek wiet, schau ins Weite; rög di, rühr dich – nicht aus.
Ob ein Haus klug gebaut ist, ob es Bestand hat, ob man darin wohnen, leben und arbeiten kann, hängt nicht zuletzt von einem soliden Fundament ab. Wer es gut gemacht – also etwa die natürlichen Stoffe am rechten Ort verbaut – hat, kann selbst Stroh in Gold verwandeln. Wer aber schlecht, also mit untauglichen Materialien, gebaut hat, wird um den Lohn der Arbeit gebracht werden: Das Gebäude ist undicht, nicht wetterfest, es hält dem Wechsel von Frost und Hitze nicht stand, in den Mauern bilden sich Schimmel oder Schwamm – wohl das, was in der Hebräischen Bibel als Aussatz am Haus bezeichnet wird. Das Haus taugt nichts, im schlimmsten Fall muss es verlassen, aufgegeben und abgerissen werden.
Paulus sagt: Christus ist der Grund, das Fundament des Hauses. Alle anderen, wie immer sie heißen mögen, bauen auf ihm auf. Und am Ende wird sich dann zeigen, wer klug und solide gebaut.
An dieser Stelle komme ich kurz auf Dragomir zu sprechen. Dragomir besuchte die 7. Klasse einer Förderschule, und er hat Erfahrung damit, wie es ist, „Scheiß zu bauen“. Mit scheinbar leichter Hand hat er einen Satz formuliert, der gut als Motto einer christlichen Ethik durchgehen könnte: „Der Teufel kann Scheiß bauen, Gott kann nur lieben, nur Menschen können alles: Scheiß und Liebe.“
Gestritten werden kann – und muss – um das, was Menschen hervorbringen. Es ist nicht gleichgültig, ob wir – wie Dragomir sagt – „Scheiß oder Liebe bauen“.
„Stoh fast, kiek wiet un rög di“: Was für ein schönes Wort für einen geerdeten Glauben, der mit beiden Beinen auf dem Boden steht und dem sich gleichzeitig der Himmel öffnet, weil er mit einem lebendigen Gott rechnet. Ein Glaube, der vom Himmel her inspiriert ist und im Alltag seinen Ausdruck findet. Ein Alltag, der mitten im Leben, nah dran an den Menschen stattfindet, doch seine Hoffnung immer wieder aus dem Glauben schöpft. Ein Glaube, in dem Himmel und Erde einander bedingen, sich ergänzen, sich durchdringen. Mit Vernunft und Verantwortung im Leben stehen. Und zugleich den Blick auf den Gott richten, der Wunder tun kann. So will ich leben.