am 22. Oktober 2022
Und er ging an eine einsame Stätte, und betete dort
heißt es im Markusevangelium im ersten Kapitel (Mk1,35). Jesus hatte gerade alle Kranken aus Kapernaum geheilt, und dann steht er auf und geht einfach. Sucht sein Heil in der Flucht, sucht die Einsamkeit, um dort Worte dafür zu finden, was ihm fehlt, was ihn bedrückt, was ihn gefährdet, was ihn bedrängt. Selbst Jesus benötigt ganz offenbar regelmäßige Auszeiten, um im Gebet wieder zu sich selbst zu finden. Eben dies scheint die Quelle für die heilsame Kraft zu sein, die zu anderen Zeiten von ihm ausgeht.
Heile du mich, Herr, so werde ich heil, hilf du mir, so ist mir geholfen (Jer 17,14), so lautet der Spruch für die kommende Woche. Und scheint uns aufzufordern, es Jesus gleich zu tun. Denn: zu uns selbst, zu Kräften zu kommen, wieder heil, wieder ganz zu werden - all diese Erfahrungen könnten ja auch wir im Gebet machen. „Ich würde ja gerne beten, aber im Moment geht das nicht“, erklärte mir neulich ein älterer Mann. „Dazu ist das, was gerade in der Ukraine passiert, einfach zu schrecklich“. Wie ihm geht es vielen. Das besondere, kindliche Vertrauen, dass im Wochenspruch zum Ausdruck kommt: dass Gott selber da ist, wenn ich zu ihm bete, dass er zuhört und dafür sorgt, dass alles gut wird, dass Friede und Gerechtigkeit sich durchsetzten, dass Heilung geschieht, dass wieder ganz wird, was zerstört schien - dieses besondere Vertrauen ins Gebet ist vielen von uns verloren gegangen.
Deswegen tut es gut, zu wissen, dass Christus betet. Nicht nur für sich selbst, sondern für Dich und mich. Weil wir oft keine Worte, oder keine Zeit finden. Weil wir oft genug vergessen, mit Gott zu sprechen. Oder in halbherzigen Anfängen steckenbleiben. Oder weil wir von Gott nichts mehr erwarten. Christus ist dort, wo unsere Frömmigkeit, wo unsere Spiritualität versagt. Sucht für uns das Weite. Geht für uns an eine einsame Stätte. Betet für uns. Ergänzt die Bruchstücke unseres Vertrauens liebevoll zu einem Gespräch mit Gott. Das genau ist die Kraft, die von ihm ausgeht, die Menschen dazu gebracht hat, seine Nähe zu suchen, und ihn zu bitten: Heile du mich, Herr, so werde ich Heil, hilf du mir, so ist mir geholfen.
Ich wünsche uns, dass wir in unsrem Leben den Mut und die Zeit finden, wie Jesus an eine einsame Stätte zu gehen, um dort zu beten. Und dass wir, wenn uns dann die Worte fehlen, uns darauf verlassen können, das da jemand ist, der dies für uns betet: Heile du mich Herr, so werde ich heil, hilf du mir, so ist mir geholfen.
Horst Busch
Springerpastor im Kirchenkreis Grafschaft Diepholz