Günther Dießelberg aus Eydelstedt wird am Sonntag, 16. Januar, in Barnstorf als Prädikant für den Kirchenkreis Diepholz eingeführt
BARNSTORF. Wer viel arbeitet und/oder Familie hat, hat den Satz bestimmt schon mal gehört: „Ein Vollzeitjob und Kinder lassen Menschen viel schneller alt aussehen.“ Der Urheber dieser Theorie sollte am Sonntag, 16. Januar, um 18 Uhr in die St.Veit-Kirche in Barnstorf kommen, denn dort führt Marten Lensch, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Diepholz, in einem feierlichen Gottesdienst jemanden als Prädikanten ein, der diese These ganz klar widerlegt. Günther Dießelberg aus Eydelstedt ist selbstständiger Unternehmer, er hat eine eigene Holzwerkstatt, in der er allein arbeitet. Er lebt in einem alten Resthof, an dem immer was zu tun ist, ist seit 43 Jahren mit derselben Frau verheiratet, hat fünf Kinder und neun Enkel. Dießelberg ist 61 Jahre alt, aber mit seinen wachen Augen und dem verschmitzten, leisen Lächeln wirkt er wie Anfang 40.
Geboren in Colnrade, lebte er zunächst mit seiner Familie in Huntlosen, bis sie vor 13 Jahren nach Eydelstedt zogen. Zur Kirche kam er eher durch Zufall: „Unsere Tochter hat 2010 als Konfirmandin mitgewirkt, als in Barnstorf eine neue moderne Gottesdienstform entstand. Meine Frau und ich sind als Besucher mitgekommen. Und es war die Musik, die mich begeistert hat – bei diesen Liedern ging mir das Herz auf. Das ist noch immer so.“ Dieser Eindruck war so stark, dass er mit 50 noch das Gitarrespielen lernte.
Die Dießelbergs gingen von da an häufiger in den Gottesdienst, konnten auch inhaltlich etwas mit den Predigten anfangen, lernten Gemeindemitglieder kennen und schlossen schnell Freundschaften. Sie gründeten einen Hauskreis, der sich regelmäßig trifft, um sich mit der Bibel auseinanderzusetzen. Und um Musik zu machen. „Wir sind 13 vollkommen unterschiedliche Personen mit ganz verschiedenen Hintergründen, die sich ohne das Thema Glauben als Mittelpunkt vielleicht begegnet wären, aber wahrscheinlich nie so gut kennengelernt und so eine enge Beziehung aufgebaut hätten. Eine wirklich bunte Mische. Sechs junge Iraner sind dabei, deren Vater ich sein könnte, die beeindruckend schnell Deutsch gelernt haben. Als wir aus diesem Hauskreis heraus eine Band gründeten – ein bunt zusammengewürfelter Haufen – sprachen sie immer von ,diebundebant‘. Seitdem nennen wir uns so: ,Die Bundte Bandt‘. Und für uns ist es eine Herzensangelegenheit, moderne Lobpreis-Musik in Gottesdiensten zu spielen.“
Sein Glaube veränderte auch beruflich einiges – „nämlich das Produktsortiment meiner Holzwerkstatt. Mittlerweile sind 80 Prozent der Sachen, die ich verkaufe, Artikel, die mit christlichem Glauben zu tun haben.“ Kreuze, biblische Figuren, christliche Symbole, Meditationsbänke… Seine Kunden sind inzwischen vor allem Kirchengemeinden und Kindergärten.
Einem spontanen Interesse folgend, machte Günther Dießelberg vor einigen Jahren eine Lektorenausbildung, um in Gottesdiensten Lesepredigten halten zu können. „Das klingt jetzt so fromm: Aber irgendwie war das einfach so ein Ding von oben“, lacht er. „Dass ich dann auch noch die Ausbildung zum Prädikanten mache, mit der ich nun auch eigene Predigten halten und Gottesdienste leiten kann, das war eigentlich die Idee einer Freundin, die das auch machen wollte.“
Musik wird in seinen eigenen Gottesdiensten weiterhin eine große Rolle spielen. Und inhaltlich? „Ich versuche die Bibelstellen, um die es in meiner Predigt gehen soll, auf unser Leben zu projizieren. Meine Art zu predigen hat also sehr mit mir zu tun“, sagt Günther Dießelberg. „Mein Hauptthema ist Gemeinschaft. Das interessiert mich, weil Gemeinschaft oft so schwer zu erreichen ist – gerade, wenn Leute anders sind. Wie schwierig es ist, zusammenzubleiben und wie man es trotzdem schafft – das kommt schon in der Bibel, in den Korinther- und Galater-Briefen immer wieder vor. Das war früher genauso wie heute ein großes Thema. Ich denke nur an meine eigene Familie: Wir haben fünf Kinder und inzwischen alle eine supertolle Beziehung miteinander – aber das ist nicht immer so gewesen, als die Kinder in der Pubertät waren. Wie bekommt man es hin, dass Beziehungen funktionieren? So, dass nicht einer bestimmt und die anderen drauf hören müssen? Und wie gelingt eine Gemeinschaft? Davon steht jede Menge in der Bibel, und das finde ich auch für mich persönlich spannend.“
Einführung von Günther Dießelberg als Prädikant am Sonntag, 16. Januar, um 18 Uhr in der St. Veit-Kirche Barnstorf
Miriam Unger