Sylvia Spreen wird in St.Hülfe-Heede in ihr Amt als Prädikantin eingeführt.
Eigentlich ist ihr bester Kumpel schuld an allem. Für Sylvia Spreen selbst war nach der Konfirmation nämlich erst mal Sendepause mit Kirche. Aber als der Freund mit 15 Jahren anfing, in der Kreuzkirchengemeinde St.Hülfe-Heede Orgel zu spielen, ließ sie sich breitschlagen – „damit er nicht so alleine auf dem Orgelboden ist und jemanden hat, der ihm mal eine Seite umblättern kann, kam ich mit“, erinnert sie sich. Und ein halbes Leben später, mit 30 Jahren, spielt auch sie selbst inzwischen eine entscheidende Rolle in Gottesdiensten im Kirchenkreis Diepholz. Nach bestandener Ausbildung wird Sylvia Spreen am kommenden Sonntag um 10 Uhr in der Kirche in St.Hülfe-Heede in ihr Amt als Prädikantin eingeführt. Danach darf die junge Frau eigenverantwortlich Gottesdienste leiten und eigene Predigten halten.
„Religiös interessiert war ich schon immer“, erzählt die Chemielaborantin. Aber was als Teenager eine Weile still im Ruhemodus mitlief, wurde beim Orgeleinsatz ihres Freundes in der Kirche plötzlich aktiviert: „Da war ein Pastor, der begeistert war von diesem Gott, und der Musik machte, die mir gefiel.“ Sie kam wieder. Und wurde gleich in der frisch gegründeten Jugendband der Gemeinde aufgenommen – „obwohl ich musikalisch eine Niete war. Aber ich hatte Freude an den Liedern, und die durfte ich ausleben – erst mal zum Glück mit ausgeschaltetem Mikro.“ Sylvia Spreen lacht.
Bald war sie in der Jugendarbeit aktiv, arbeitete bei Freizeiten mit, in der Gemeinde und in Projekten im Kirchenkreis wie in der mobilen Jugendkirche „Churchville“. Mit 21 Jahren wurde sie eine der jüngsten Kirchenvorsteherinnen in der Landeskirche. „Ich habe Kirche immer als Ort erlebt, wo ich sein kann, wie ich bin und mich ausprobieren darf.“
Durch das innovative Projekt „Churchville“ begann sie sich für die Organisation und die inhaltliche Gestaltung von Gottesdiensten zu interessieren. „Ich fing an, Impulse für Jugendliche zu schreiben und merkte, dass es mir Spaß machte, mich mit meinem Glauben zu beschäftigen und darüber zu reden. Für mich ist das die beste Seelen-Wellness, die es gibt. Mir gibt es eine Art tiefe Ruhe und Sicherheit, wenn ich mit anderen das teilen kann, was mir wichtig ist: Meine Ideale, Träume und Werte. Und für mich sind die Zusage Gottes, dass jeder Mensch geliebt und gewollt ist, und die Auferstehungshoffnung mein festes Fundament.“
Hauptberuflich arbeitet Sylvia Spreen in Lemförde als Chemielaborantin. Privat verbringt sie gerne Zeit mit ihrer Mitbewohnerin, der 62-Jährigen Nicoline. Die beiden leben in Heede in einer ungewöhnlichen, gut funktionierenden Wohngemeinschaft. Ihre Freizeit verbringt die 30-Jährige gerne mit puzzeln, stricken, lesen – „und manchmal einfach mit Fragenstellen“, sagt sie. „Für mich ist es spannend, in andere Lebenswelten blicken zu dürfen und andere Perspektiven zu erfahren.“
Sylvia Spreen freut sich auf ihre neue Aufgabe: „Die Prädikanten-Ausbildung war spannend. Wir waren so unterschiedliche Teilnehmer mit ganz verschiedenen Interessen, Charakteren, Auslegungen des Glaubens und Vorlieben für das, was wir an Predigten gut finden. Für mich war das Wertvollste in dieser Zeit, dass ich feststellte, was für eine große Freiheit, Vielfalt und Akzeptanz wir heutzutage in der Kirche haben.“
Eine Vielfalt, die auch in den Kirchen vor Ort immer deutlicher sicht- und hörbar wird: „Jede/r predigt in seinem eigenen Stil. So, wie jeder Mensch – Arbeitskollegen, Freunde, Familie… - einen bestimmten Teil von mir kennt und mich unterschiedlich beschreibt, sieht ja auch jeder Gott auf seine ganz persönliche Art. Und das ist gut“, findet Sylvia Spreen. „Je vielfältiger die Prediger sind, desto bunter und vollständiger wird auch die Verkündigung unseres Glaubens.“
Ihr selbst sei in ihrer Arbeit vor allem das Persönliche, Echte, Individuelle wichtig: „Ich möchte authentisch sein. Das bedeutet für mich zum einen, in meiner eigenen Sprache und auf meine ganz persönliche Art zu predigen. Und zum anderen, dass das, was ich predige, auch das sein muss, was ich für wahr halte – also das, was mein Verhalten und Wesen prägt.“
Einführung von Sylvia Spreen als Prädikantin am Sonntag, 12.12. um 10 Uhr in der Kreuzkirchengemeinde St.Hülfe-Heede
Miriam Unger