Mit dem Lemförder Pastor Eckhart Schätzel geht ein starker Charakter in den Ruhestand
LEMFÖRDE. Er wäre vielleicht Weinbauer geworden, wenn die Theologie nicht dazwischengekommen wäre. Oder Germanist, Landschaftsgärtner, Textilfärbemeister. Schauspieler ganz sicher nicht. Eckhart Schätzel ist ein großer Mann mit Bart und wachen, freundlichen Augen, der schnell denkt und ruhig spricht. Seine Sprache ist deutlich, trotz eines unverkennbaren hessischen Dialekts. Aber auch sonst ist er keiner, den man erst interpretieren muss. Wie er ist, was er sagt, was er will oder nicht will, wird sehr schnell klar. Wenn ihn etwas beschäftigt, positiv wie negativ, dann merkt man es auf weite Entfernung. Stört ihn was oder findet er etwas ungerecht, dann spürt man das Brodeln regelrecht, er lässt sein Gegenüber ausreden, aber dann gibt‘s schon mal eine Ansage, die keine Fragen mehr offenlässt. Genauso stark reagiert er, wenn ihn was beeindruckt oder ihm etwas gefällt. Dann blitzt die Begeisterung in seinen Augen und er findet Worte, die schöner, respektvoller und wertschätzender nicht sein könnten.
Am Sonntag, 17. Oktober, wird der konsequente Pastor in den Ruhestand verabschiedet. Der Abschiedsgottesdienst beginnt um 15 Uhr in der Martin-Luther-Kirche Lemförde.
Geboren und aufgewachsen in einer Weinbauernfamilie in Rheinhessen, war für Eckhart Schätzel als ältestem von drei Jungs eigentlich ein anderer Werdegang vorgesehen: „Wir hatten nicht die Situation wie heutzutage; bei uns war klar: Einer macht den Hof weiter. Daran gab es nichts zu rütteln.“ Zum Glück war der mittlere Bruder bereit, „dafür bin ich ihm bis heute dankbar, sonst wäre mein Leben wohl komplett anders verlaufen.“
Der Vater war Kirchenvorsteher, aber er selbst kam durch die Mitarbeit und die Gemeinschaft in der Evangelischen Jugend zur Kirche, „und das Glaubensthema hat mich nicht mehr losgelassen.“ Im ersten Studienjahr in Tübingen probierte er im Studium Generale im Leibniz Kolleg mehrere Richtungen aus – „ich hatte jede Menge Ideen, was ich machen wollte: Entwicklungshilfe, Landwirtschaft, Geschichte, Germanistik... Aber am Ende war es diese Sache mit Gott, die mich am meisten interessierte“.
Er studierte Theologie in Tübingen, in Basel in der Schweiz, in Bielefeld, wo er seine Frau Gisela Schwarz kennenlernte, und in Marburg. Nach dem Studium arbeitete er erst mal etwas ganz anderes und färbte Stoffe für Polstermöbel. Dann begann er sein Vikariat in der Region Gießen und blieb als Pastor zehn Jahre in seiner ersten Gemeinde in Gießen-Kleinlinden. In dieser Zeit wurden alle vier Kinder geboren. Aber „ich war immer der Überzeugung, dass es gut ist, alle zehn Jahre was Neues zu machen. Nicht jeder ist mit mir glücklich, ich passe auch nicht zu allen – da ist es hilfreich, neue Anfänge zu wagen“.
So zog Familie Schwarz-Schätzel in den Norden – nach Freistatt. „Dort konnte meine Frau als Diakonin arbeiten, und uns beide reizte die Arbeit in dieser Kirchengemeinde in einem diakonischen Dorf mit dem kleinen, alternativ geführten Tagungshaus ,Werkstatt Wegwende‘ mitten im Moor und dem klaren Schwerpunkt auf Seelsorge. Das war eine spannende Zeit.“
Nach zwölf Jahren sollte es zurück in die hessische Landeskirche gehen, schließlich war er als Pastor nur ausgeliehen. „Aber da haben unsere Kinder gemeutert. Sie wollten nicht weg. So haben wir uns im Kirchenkreis Diepholz umgesehen, und diese Stelle in Lemförde war frei“, erzählt Eckhart Schätzel. „Tja, und bald waren alle Kinder weg – Michael lebt im Münsterland; Lena ist in Texas mit ihrer Familie, Hans in Berlin, Kathrin in Hamburg. Und meine Frau und ich sind immer noch in Lemförde. Seit 14 Jahren. Das war die längste Station von allen.“
Dabei schüttelte der Kirchenvorstand damals erst mal den Kopf, als Schätzel sich vorstellte und sofort deutlich machte, wo für ihn als Pastor sein Schwerpunkt liegt: „Das war für mich immer die Seelsorge. In Freistatt wäre auch nichts anderes gegangen. In Lemförde bekam ich aber erst mal zu hören: ,Seelsorge in einem größeren Maß? Nein, Herr Pastor, das brauchen wir hier nicht! So viele Probleme gibt’s hier nicht…‘“ Schätzel lacht. „Ich habe das als Herausforderung gesehen und gesagt: ,Ich zeige Euch, dass das geht.‘“